127. Die neue Zeit
Mit dem 15. Jahrhundert bereitete
sich ein solcher Zusammenfluß von Be-
gebenheiten vor, daß in Folge derselben
die spätere Zeit ihren Charakter gänzlich
ändert, und daß sie deßhalb vom Be-
ginne des 16. Jahrhunderts an als neue
Zeitepoche neben das Mittelalter tritt.
Für die Gestaltung der neuen Zeit
ist in doppelter Hinsicht wichtig die Er-
oberung Sonst antinopels durch
die Türken (1453), zuerst in sofern,
als mit ihr ein neuer Staat in Europa
auftrat, dessen Verhältnisse nicht ohne
Einfluß auf das europäische Staatsleben
blieben; noch mehr aber aus dem Grunde,
weil eine große Anzahl griechischer Ge-
lehrter sich vor dem Schwerte der Er-
oberer nach Italien flüchteten, wo sie
Freunde, Gönner und Beschützer der
Gelehrsamkeit und einen für alles Große
empfänglichen Sinn antrafen. Jetzt stieg
der Eifer für die Alten zu einer
Begeisterung, welche über die Nachbar»
länder ausströmte und überall Liebe
zu tieferem Studium weckte.
Zugleich war es eine besondere Gunst
des Schicksals, daß wenige Jahre zuvor,
ehe die Flüchtlinge des Ostens die Ueber-
bleibsel einer großartigen Literatur dem
Westen überbrachten, diejenige Kunst er-
funden ward, durch welche allein das
unschützbare Eigenthum der Vergangen-
heit ein Gemeingut werden konnte, die
Buchdruckerkunst (1440). Diesefand
in der Vervielfältigung und Verbreitung
der alten Classiker ihre erste und edelste
Beschäftigung; sie wurde die Dienerin
der allmählich fortschreitenden, allgemein
verbreiteten Intelligenz, die den Haupt-
charakter und das unsterbliche Eigenthum
unserer Jahrhunderte bildet.
Auch die Kunst hatte begonnen, sich
in verändertem Geiste zu verjüngen; die
Malerei war in der byzantinischen Schule
durch griechische Künstler wieder erweckt
worden, nahm bei den italienischen Mei-
stern einen neuen Aufschwung und ge-
wann durch eine niederländische Erfin-
dung, die Oelmalerei, unglanbliche Vor-
züge. Im 15. Jahrhundert war Ita-
lien der allgemeine Sitz der schönen
Künste und feierte schon im nächsten
deren Blüthezeit; von Italien lernten
Frankreich, Deutschland und die Nieder-
lande; und wie es im Alterthum und
Mittelaller in verschiedenen Beziehungen
die Beherrscherin der Menschheit
war, so wurde es in der neuen Zeit
deren Lehrerin.
Zugleich erhielt die ganze Kriegs-
verfassung eine Umgestaltung
durch die allgemeine Anwendung des
Schießpulvers und die Einfüh-
rung stehender Heere. Die Kunde
des Schießpulvers, wovon sich bei den
Chinesen und alten Indern schon frühe
bestimmte Spuren nachweisen lasien,
wurde durch die Mauren nach Spanien
gebracht und war schon um die Mitte
des 13. Jahrhunderts in verschiedenen
Ländern Europa's bekannt, ohne daß
man die Kraft seiner Elasticität erforscht
oder angewandt hätte. Die Erfindung
von Feuerwaffen wird um das Jahr
1380 gesetzt und deutschen Mönchen, be-
sonders Berthold Schwarz, zugeschrieben.
Allein schon zu Anfang des 13. Jahr-
hunderts ward Feuergeschütz von den
Arabern in Spanien gebraucht, kam von
da zunächst nach Flandern und dann
nach Frankreich. Die erste Ausbildung
erhielt das Geschützwesen in Frankreich
durch Ludwig Xl, in Deutschland durch
Kaiser Maximilian I. Den Grund zu
den stehenden Heeren legte Karl Vii.
von Frankreich. Von jetzt an entschied
18*
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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Extrahierte Personennamen: Berthold_Schwarz Ludwig_Xl Ludwig Maximilian_I. Karl_Vii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Italien Frankreich Deutschland Spanien Spanien Flandern Frankreich Frankreich Deutschland Frankreich
374
Iv. Naturbilder.
175. Die
1. Die vier Grundsäulen, auf denen
die heutige Industrie sicher ruht, sind
der Schwefel, das Kochsalz, das Eisen
und die Steinkohle. Von diesen vier
Naturprodukten ist die Steinkohle am
spätesten von den Menschen in Gebrauch
genommen worden. Nur die Chinesen
scheinen schon sehr frühzeitig die Stein-
kohle verwendet zu haben, obschon sie
keinen Mangel an Holz hatten. Die
ersten sicheren Nachrichten über die Ge-
winnung von Steinkohlen liefert uns
Belgien. Bei Lüttich war der Stein-
kohlenbergbau bereits im Jahre 1198
im Gange. Der Ardennenwald kommt
mit dem Namen „Kohlenwald" bereits
im Jahre 687 vor. In England,
das vorzugsweise mit Steinkohlen ge-
segnet ist, grub man schon vor 1234
bei Newcastle Steinkohlen; doch ist wahr-
scheinlich, daß bereits die alten Briten
und Römer die Steinkohlen kannten und
gebrauchten. Wie aber überall das
Neue sich erst durch harte Kämpfe Bahn
bricht, so standen auch in England zahl-
reiche Gegner gegen die Steinkohlen auf.
Man verbreitete die Nachricht, daß der
Rauch, welchen die Steinkohlen beim
Brennen verursachen, der Gesundheit
nachtheilig sei. Der Gebrauch der Stein-
kohlen wurde daher in England im Jahre
1316 unter Eduard I. verboten. Doch
mit dem allmählichen Verschwinden der
Wälder in England veranlaßte die Noth
die Aufhebung des gegebenen Verbotes;
seit dieser Zeit kam die Steinkohle im-
mer mehr und mehr in Gebrauch; und
mit der Dampfmaschine, die das fließende
Wasser und den Wind ersetzen mußte,
nahm der Steinkohlenbergbau einen außer-
ordentlichen Aufschwung.
Seitdem die Steinkohlen in Gebrauch
genommen worden sind, hat man sich
oft die Frage vorgelegt, wie sind sie
entstanden? Da dieser Vorgang nicht
vor unsern Augen vor sich geht, sondern
die Steinkohlen stets bereits fertig uns
entgegentreten, so müßen wir die Ent-
stehung gleichsam errathen, d. h. aus
den Beobachtungen, die wir in den Stein-
kohlenlagern selbst machen, zu erklären
Steinkohlen.
suchen. Als schon im Jahre 1592 von
Balthasar Klein die Ansicht aufgestellt
wurde, die Stein- und Braunkohlen seien
aus Holz entstanden, sprach man sich
andererseits dahin aus, dieselben wären
erdpechartige Mineralien, dadurch ent-
standen, daß Erdöl die Schichten eines
Schieferflötzes durchdrungen habe. Aber
viele Jahrhunderte mußten erst vergehen,
bevor man durch die Beobachtung und
das Experiment dazu gelangte, daß in
der That in den Steinkohlenlagern die
Reste einer großartigen vorweltlichen Ve-
getation begraben lägen und daß diese
unter Mitwirkung des Druckes, des Ab-
schlußes der Luft und einer erhöhten
Temperatur in Steinkohlen umgewandelt
worden seien. Alle Beobachtungen lie-
fern den Beweis, daß der Ursprung der
Steinkohle ein vegetabilischer ist.
Es entsteht nun die weitere Frage, auf
welche Weise sind die Pflanzen in Stein-
kohlen verwandelt worden, in eine Sub-
stanz, an der sich mit dem unbewaffneten
Auge keine organische Struktur erkennen
läßt?
Wenn wir uns die aus so großarti-
gen Stämmen zusammengesetzten Urwäl-
der der Vorzeit vergegenwärtigen, die
eine unberechenbare Reihe von Genera-
tionen fortwuchsen und alle Abfälle von
Aesten, Blättern, Samen, Früchten und
vermodernden Stämmen dem Boden wie-
der überlieferten, und erwägen, welchen
Antheil die Stämme selbst an der Bil-
dung der Kohlenlager nahmen, so dürfen
wir uns in der That über die ungeheuern
Anhäufungen, die uns in den Stein-
kohlenlagern entgegentreten, nicht wun-
dern. Auch deren Vermehrung läßt sich
sehr leicht erklären, wenn man bedenkt,
wie schnell heute in tropischen Klimaten
großartige Stämme in Verwesung über-
gehen. Wurden nun diese vegetabilischen
Masten durch gewaltige Fluthen ^über-
schwemmt, so erfolgte entweder bei Ueber-
fluß von Wasser und ungehindertem Zu-
tritt der Luft Verwesung oder bei Aus-
schluß derselben, wenn jene Massen mit
Erde und Sand bedeckt waren, Vermo-
derung, sowie endlich in beiden Fällen
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
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44. Franken.
85
ringen, Schwaben, unsere Pfalz, unser
Franken, welche — bis auf einige Kreise
in Bayern, — nur noch historische Er-
innerungen haben. Aber wer wollte
sagen, daß sie, obgleich nach 1805 von
den Karten verschwunden, deßhalb in
unseren Gemüthern, in unseren Sitten
und Gewohnheiten, in der Verschieden-
heit unserer Dialekte, in unsern Liedern
nicht mehr fortlebten? Noch schlägt das
Herz des Nürnbergers, des Würzburgers,
des Bambergers, der sich in der Ferne
befindet, feuriger, wenn er die breite,
tieftönende, kräftige Mundart vernimmt,
die seine Landsleute und er selbst reden,
wenn der Name „Franken" vor seinem
Ohre genannt wird, ein Name, der ehe-
dessen so hohen Klang besaß, zu Anfang
unseres Jahrhunderts von den Landkarten
verschwand und erst in neuester Zeit wie-
der durch Benennung dreier bayerischen
Kreise zu Ehren gebracht wurde.
Franken — es ist der freundliche
Name eines freundlichen Landes. Weit,
fruchtbar und lieblich breitet es sich im
Herzen von Deutschland aus, bedeckt mit
den gesegnetsten Fluren, welche alles
hervorbringen, was das Vaterland zu
seinen edelsten, inbuftrielxen und natür-
lichen Erzeugnissen zählt; geschmückt mit
großen und berühmten Städten, durch-
strömt von schiffetragenden Flüssen, deren
Ufer mit dem weichen Laub der Wein-
rebe geziert sind, durchzogen von Ge-
birgen, in deren Thälern die Sage des
Alterthums neben dem Gewerbfleiß wohnt,
und überwölbt von einem Himmel, unter
welchem der Leistenwein an seinem Fel-
senabhange reift.
Römische Schriftsteller bezeichneten
mit dem Namen Franken jenen ger-
manischen Stamm, welcker zwischen der
Ostsee und dem Rhein seine wechselnden
Sitze hatte und seine Freiheit am wirk-
samsten gegen römische Unterdrückung
vertheidigte. Wir erblicken fünf bis sechs
Jahrhunderte hindurch die Völkerschaften
der Franken im Kampf mit den Römern
in Gallien, mit den Westgothen, Thürin-
gern, Alemaniern, Sachsen, Schwaben;
wir sehen sie unter Chlodowig das
Christenthum annehmen und zu einer
großen Monarchie sich vereinigen. Bis zu
diesem Zeitpunkte mußten wir den Namen
Franken in seiner Allgemeinheit gelten
lassen, unbekümmert um die einzelnen
Länderstriche, die er mit seinen Angehörigen
bedeckte. Eine unter Geneb ald, dem
Bruder Chlodowig's, über den Main-
strom geführte Kolonie, welche sich an
dessen Ufern niederließ und ausbreitete,
gab Veranlassung zu einer Theilung
des Begriffs: Franken, bei welchem man
nunmehr das westliche von dem östlichen
unterschied. Zu ersterem gehörte das
ganze weite, jenseits des Rheines gelegene
Gebiet, das heutige Frankreich; das
andere bildete Frankenland, unser Fran-
conia, und die Stelle, wo die Ueber-
führung der Kolonie stattfand, ist der
Ueberlieferung nach da, wo das heutige
Frankfurt sich ausbreitet.
Unter Pipin's Sohn, dem großen
Karl, war unser Franken ein kleiner
Theil des unermeßlichen Reiches, welches
dieser Fürst nach und nach unter seinem
Scepter vereinte. Und Karl liebte vor-
zugsweise die User des Rheins, des
Mains und der Saale und verweilte
gern innerhalb ihrer heiteren Grenzen.
Seine prächtige Pfalz an der Saale,
(die Saalburg oder Salzburg bei Neu-
stadt a. S.), deren weitläufige Trüm-
mer wir noch heute mit Bewunderung
erblicken, ist hievon der Beweis. Lieder-
und Harfenspiel ertönte oft von dieser
Burg über das Thal, wenn der Kaiser
innerhalb ihrer Mauern verweilte. Er
erfreute sich hier an dem Umgang den-
kender und gelehrter Männer, die er
aus den entferntesten Theilen seiner
Reiche um sich versammelte und unter
deren Beistand er Gesetzbücher und weise
Einrichtungen für die Regierung seiner
Völker entwarf.
Ritter- und Mönchthum fanden in
Franken den für ihre Entfaltung gün-
stigsten Boden in Deutschland. Berühmte
Geschlechter tauchten auf und verschwan-
den wieder, wie z. B. die der Grafen
von Babenberg (Bamberg), Coburg,
Rothenburg und andere. Die bischöf-
lichen Sitze von Würzburg, Bamberg,
Eichstätt nahmen an Macht und Bedeu-
tung zu, geschützt und gepflegt von Kaiser
und Reich, und von Männern aus reichs-
ritterschaftlichen Geschlechtern besetzt, die
es größtenteils verstanden, den Glanz
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Bayern Deutschland Ostsee Rhein Gallien Sachsen Schwaben Frankreich Frankfurt Rheins Mains Saalburg Salzburg Deutschland Babenberg Bamberg Coburg Rothenburg Würzburg Bamberg
35. Bayerns Land und Volk.
59
Bayern erklärt sich auch sein Sinn für
Kunst; seine Begabung und Vorliebe für
Poesie und Musik sowohl, als für plastische
und bildliche Darstellung. Nicht minder
bekundet sich dieses „Herz des Bayern"
in seiner aufrichtigen Religiosität und
ungeheuchelten Frömmigkeit, womit eine
felsenfeste Treue gegen das angestammte
Herrscherhaus verbunden ist. Wohl sind j
die Angehörigen der verschiedenen Volks- !
stämme, die nun Bayerns Einwohner- !
schaft bilden, auch verschieden geartet
nach ihrem Wesen, wie sie abweichen in
ihrem Dialekt; und leicht mag man den
eigentlichen Bayern vom Schwaben,
und den Pfälzer vom Franken un-
terscheiden; aber das warme offene Herz
und das treue, tiefe Gemüth haben sie
doch mit einander gemein.
Die Altbayern sind ein lange
nicht genug gewürdigter, ja oft verkann-
ter und unbillig beurtheilter Volksstamm.
Es ist wahr, in seinem äußern Auftreten
macht der Altbayer, namentlich dem
feinen Norddeutschen gegenüber, eben
nicht den günstigsten Eindruck. Von
Haus aus unzugänglich und zurückhal-
tend und schwer ins Gespräch zu brin-
gen, ist er kein Freund von schönen
Worten und Complimenten, im Gegen-
theil derb, und im Bewußtsein seiner
innern Kraft stolz und kurz angebunden.
Aber man thut ihm doch Unrecht, wenn
man ihn deßhalb als grob und roh in
Verruf bringen will. Unter der rauhen
Schale birgt sich ein gesunder, kräftiger
Kern echt deutschen Wesens. Das Kurz-
angebundensein des Bayern ist Folge
einer gewissen Geradheit, die ihn ver-
anlaßt, zu sprechen wie er denkt, wenn
er doch einmal den Mund öffnet; und
zu schweigen, wo er es nicht der Mühe
werth hält, zu sprechen. Ehrlich und
offen, jeder Hinterlist und Verstellung
fremd, setzt er auch bei Anderen Bieder-
keit voraus und sein Wort und Hand-
schlag bindet ihn so fest, als ein Eid.
Weicher, als man bei seinem derben
Aeußern vermuthen sollte, thut er um
gute Worte Alles; Falschheit verabscheut
er, und Hohn oder Spott können ihn
zu heftigem Zorne reizen.
Ganz mit Unrecht wirft man den
Bayern die 7 */a Mill. Eimer Bier vor,
welche ihr Land alljährlich produzirt,
und es ist eine der albernsten Behaup-
tungen, welche je ausgesprochen worden,
daß das Bier verdumme! Wie gern wür-
den die Bewohner der nördlichen Länder
ihren „Fusel" gegen unsern gesunden
Gerstensaft vertauschen!
Wer längere Zeit in Altbayern ge-
lebt hat, wird sagen müssen, daß er
gerade da nur selten Betrunkenen be-
gegnet. Die glänzendste Genugthuung
für die Altbayern in dieser Beziehung
aber ist die zunehmende Verbreitung ihres
I Nationalgetränkes in ganz Deutschland,
ja in Europa und selbst in den über-
seeischen Landen. Wie die Sachsen Lehr-
meister des Bergbaues, so sind die Bayern
Lehrmeister des Bierbrauens geworden.
Welch ein heiterer, lebensfroher Mensch
ist der Gebirgsbewohner! Wie malerisch
sind seine Häuser gebaut, und welche
Reinlichkeit waltet in denselben! Und die
sinnigen, kernigen Inschriften daran: sie
i erschließen uns des Volkes innerstes
frommes und verständiges Wesen. Wer
dann diese hübschen Aelpler ihre anspre-
chenden Weisen und Jodler singen und
mit Meisterschaft die Cither schlagen hört,
wird der noch in dem Vorurtheil be-
i fangen sein können, daß hier ein rohes,
ungebildetes Volk wohne?
Mit Stolz auch darf der Bayer auf
seine Vergangenheit hinweisen. Sein
Volksstamm ist einer der ältesten Ger-
j maniens, deutsch durch und durch, kern-
haft und muthvoll, und seit den frühesten
Tagen hat sich der Ruhm bayerischer
¡ Tapferkeit auf dem Schlachtfelde bewährt.
; Magyaren und Türken, Welsche und
Franzosen, Schweden und Dänen haben
' die Wucht des bayerischen Armes kennen
! gelernt, und selbst im jüngsten, so un-
■ heilvollen Bürgerkriege haben die Tapferen
j von Kissingen die Ehre der bayerischen
Waffen glänzend gewahrt. Was aber
noch lichter strahlt als die Tapferkeit
gegen äußere Feinde, das ist der treue
Bürgersinn der Bayern, der niemals
erschüttert wurde, weder in guten noch
in bösen Tagen. Wenn die Stimme
seiner Wittelsbacher rief, hat sich noch
immer das Volk um sie geschaart und
für seine Herrscher Gut und Leben ein-
gesetzt; es hat für die Verbannten ge-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Ortsnamen: Bayerns Schwaben Altbayern Altbayern Altbayern Deutschland Europa Sachsen Schweden Bayern
60
Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
blutet und ist für die Geächteten qe-
storben.
„Erhebend ist mir deine Vaterlands-
liebe und der Ruhm deiner durch Jahr-
tausende bewährten Tapferkeit und Treue;"
— sagt Bayerns edler Geschichtsschreiber
Westenrieder, „dein Glaube ist eine
Säule deiner Sitten und die Einfalt
derselben die Stärke des Vaterlandes.
Kein Blatt in der Geschichte ist mit Em-
pörung oder Fürstenmord befleckt von euch,
ihr Bayern!"
Nahe verwandt dein Altbayern an
Charakter und Sitte ist der Schwabe.
Bieder und treuherzig wie jener, hat er
doch einen strebsameren, rührigeren Geist,
ist berechnender, unternehmender und
hängt schon nicht mehr mit der Zähig-
keit am Ererbten, wie sein Nachbar östlich
des Lech. Bei der Zersplitterung Schwa-
bens in viele Herrschaften, weist dessen
Geschichte häufig innere Kämpfe und
Reibereien auf; die Anhänger verschie-
dener Confessionen wohnen hier neben
und durch einander und sie haben durch
manche Bitterkeiten gelernt, sich in Friede
und Eintracht zu vertragen und Einer
die Meinung des Andern zu achten.
Schon frühe, da durch Schwaben der
große Handelsweg von Italien nach dem
Norden führte, erblühten hier Handel
und Gewerbfleiß und bis zum heutigen
Tage haben sie dort eine hervorragende
Pflege gefunden. Darum ist es denn
auch erklärlich, daß der Schwabe beweg-
licher, zugänglicher und leutseliger sich
zeigt, als der Altbayer, und den Ver-
besserungen nicht nur im Gewerbs-, son-
dern auch im Landwirthschaftsbetrieb weit
zugänglicher ist, denn jener.
Schon auffallender unterscheidet sich
der Franke und der diesem stammver-
wandte Rheinpfälzer vom Altbayern.
Seit den ältesten Zeiten wird der
fränkische Volksstamm als derjenige ge-
nannt, welcher allen übrigen in Deutsch-
land an geistiger Beweglichkeit, an Bil-
dungstrieb und Bildungsfähigkeit voran
stand; und diese Eigenschaften sind den
Trägern des alten Frankennamens bis
auf den heutigen Tag als werthvolles
Erbe verblieben. Lebhaft und rasch,
heiter und aufgeweckt finden wir den
Franken. Wenn der Altbayer zurück-
haltend, verschlossen, schweigsam sich zeigt,
so der Franke entgegenkommend, zutrau-
lich, gesprächig. Des letztem Benehmen
ist schon im Aeußern fein und gewandt;
er ist mehr gewürfelt und abgeschliffen,
als der naturwüchsige Bewohner der
bayerischen Hochebene. Dabei hat er
aber keineswegs den guten Kern echt
deutschen Wesens eingebüßt. Frei und
frank, „von der Leber weg" spricht der
Bewohner des Mainlandes; Hinterlist
und Falschheit verabscheut auch er. Die
Gastfreundschaft, welche man an den
alten Deutschen so sehr gerühmt, ist ein
hervorragender Charakterzug des Franken;
der Fremde darf dessen gewiß sein, daß
er da herzlich willkommen geheißen und
freundlich aufgenommen wird. Der rege
Bildungsdrang des Franken wird unter-
stützt durch eine große Leichtigkeit der
Auffassung und eine gewisse Fähigkeit,
Fremdes sich anzueignen. Von jeher
sind die zwei Hauptstädte des Franken-
landes, Nürnberg und Würzburg, der
Sitz edler Künste und Wissenschaften ge-
wesen, und den größeren Städten suchten
die kleineren und selbst das Land nach-
zueifern. Für Volksbildung war vor
hundert Jahren in keinem Theile Deutsch-
lands so viel geschehen, als im Fürst-
bisthume Würzburg; und in unseren
Tagen ist Unterfranken in Errichtung
landwirthschaftlicherund gewerblicher Fort-
bildungsschulen gleichfalls allen übrigen
bayerischen Kreisen rühmenswerth vor-
angegangen. Als Schattenseite des frän-
kischen Charakters hat man schon öfter
Unbeständigkeit bezeichnet und in gewissem
Sinne eben nicht mit Unrecht. Gegen-
über dem heimatseligen Festhalten des
Altbayern an der väterlichen Scholle,
wie überhaupt am Hergebrachten, be-
kundet sich die Beweglichkeit des fränki-
schen Wesens in der Wanderlust des
Mainländers und in der Leichtigkeit, mit
welcher dieser seinen Wohnplatz wechselt.
Wenn er sein Glück oder sein Fortkom-
men an einem Orte und in der einen
Weise nicht findet, so sucht er es eben
an einem anderen Orte und in einer
anderen Weise; und der alte Volksspruch
„Den Franken und bös Geld,
Führt der Teufel durch alle Welt," —
trifft in dieser Hinsicht schon das Richtige.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
122
Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
daß sie nicht noch eine größere Aus-
dehnung genommen, nicht mehr Menschen-
leben gekostet hat; denn außer zweihun-
dert Centner Pulver und einer Million
Zündhütchen enthielt der Thurm noch
700 Granaten und 240 Zündkugeln.
Wären letztere nicht auf dem Boden des
Thurmes gelegen und in sich verbrannt,
sie hätten die Stadt an fünfzig Stellen
zugleich in Brand stecken und so deren
gänzlichen Untergang herbeiführen können.
Auf welche Weise ist dieses schreck-
liche Unglück entstanden? wird der junge
Leser schon längst zu fragen versucht ge-
wesen sein. Ganz ist dies nicht aufge-
hellt; aber mit aller Wahrscheinlichkeit
darf angenommen werden, daß es ein
Werk leidenschaftlicher Rache und Bos-
heit war. Der österreichische Artillerie-
Unterofficier Wimmer hatte sich auf
unrechtmäßige Weise die Schlüssel zum
Thurme zu verschaffen gewußt, und sein
Eintritt in denselben ist von der Schild-
wache gesehen worden. Der nähere Vor-
gang selbst bleibt in ewiges Dunkel ge-
hüllt, weil Wimmer mit unter den
Todesopfern sich befand. Man nimmt
an, er habe aus Rache einem oder dem
andern der österreichischen Officiere, die
dem Turnfeste anwohnen würden, Ver-
derben bereiten wollen. Wenn, — dann
ward durch Abbestellung des Festes der
höllische Plan vereitelt, Wimmer aber
selbst ein Opfer seiner Bosheit.
56. Schwaben.
Das Land der Schwaben ist Deutsch-
land im Kleinen, wo auf engem Raum
alle Manchfaltigkeit des deutschen Daseins
sich versammelt. Alle verschiedenen eigen-
thümlichen Naturformen treffen hier zu-
sammen. Die beiden mächtigsten Ströme
Deutschlands, ja Europa's, durchfließen
das Land, zwar nur in ihrem Oberlaufe,
aber doch schon in männlicher Fülle.
Schwaben bewohnen die höchsten Alpen-
gauen, das Rheinthal wie die Hochebenen
der Donau, das hohe Waldgebirge des
Schwarzwaldes wie die öden Rücken und
anmuthigen Thäler der Alp. Das Land
zwischen Lech und Schwarzwald, besonders
bis zur Iller, gleicht durch Klima und
Oberfläche dem norddeutschen Küstenlande.
Vielfach gestaltet und zerstückelt, wie
der Boden, ist auch das bürgerliche Leben
des schwäbischen Landes, das auch hierin
ein Bild Deutschlands ist. Die großen
durch Naturgrenzen bezeichneten Land-
schaften des schwäbischen Bodens tragen
heute das Loos, welches ihre geographische
Lage ihnen angewiesen hat. Das Elsaß
ist an Frankreich gefallen, das gegenüber
liegende rechte Rheinufer an Baden,
Unterschwaben (zwischen Iller und Lech)
an Bayern. Nur das Land am Neckar
und seinen Zuflüssen hatte sich schon
früh unter dem Schutz eines einheimischen
Herrscherhauses gesammelt, das sich durch
Tapferkeit, Besonnenheit, guten Haushalt
aus kleinen Anfängen allmählich erhob.
Seit der neuen Gestaltung der deutschen
Sachen gehorcht ihm auch das alte
Ober-Schwaben bis an die Iller. Sein
Gebiet trägt den Namen des Stamm-
schlosses, Württemberg.
In der Lage und Versplitterung des
Bodens spiegeln sich die Schicksale seines
Volkes. Auf den zahlreichen Ritterburgen
des Schwabenlandes, wo die hohen Grenz-
gebirge des Südens und Westens, Ita-
liens und Frankreichs vor dem Blick
ausgebreitet sind, der Gedanke hinüber-
schweift und dem Lauf des Rheins,
der Donau, der Rhone nach Mitternacht,
Morgen und Mittag folgt, wo deutsche
Dichtung zuerst liebevolle Aufnahme und
bleibende Stätte fand: da blühte eine kühne
Ritterschaft voller Kampflust und leben-
diger Einbildungskraft. Fast alle mäch-
tigsten Fürstengeschlechter Deutschlands
haben ihre Stammsitze auf schwäbischem
Boden. Von da aus zogen die Hohen-
staufen über die Alpen und fanden
Ruhm und Untergang im italienischen
Lande, von wo her sie Kunst, Poesie,
Wissenschaft dem deutschen Vaterlande
zugebracht hatten. Hier auch sind die
Wurzeln jenes zweiten Heldengeschlechtes,
welches wagen konnte, den mächtigen
Hohenstaufen die Herrschaft streitig zu
machen und welches gebot vom Mittel-
meere bis zur Nordsee: das Geschlecht
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
49. Deutsches Land, deutsches Volk und deutsche Sprache.
105
Eben so zeichnet sich der Deutsche
durch seine innige Heimatliebe aus.
Heimweh ist nicht nur ein ächt deutsches
Wort, sondern es bezeichnet auch ein
ächt deutsches Gefühl. Von Niemand
auch ist diese Heimatliebe in so warmen
Worten geschildert, in so ergreifenden
Weisen besungen worden, als von deut-
schen Dichtern und Sängern von der
ältesten Zeit bis auf den heutigen Tag.
Schmerzlich ist deni Deutschen der Abschied
vom Vaterhaus, von seinen Lieben und
Theuern, und durch hunderte von Liedern
klingt das Wort: Scheiden thut weh!
Und doch gibt es, merkwürdig genug,
auf der weiten Erde kein wanderlustigeres
Volk, als gerade das deutsche. In Deutsch-
land finden wir die fahrenden Schüler
schon im Mittelalter, und heute noch
wandern die Studenten mit dem Ränzel
an der Seite heiter durch Feld und
Wald. Nur in Deutschland war das
Wandern der Handwerksburschen allge-
mein üblich, und in alter Zeit trieb
die Wanderlust selbst die Lanzknechte
unruhig von einem Orte zum andern.
Kein Kind eines anderen Volks gedeiht
aber auch so leicht auf fremdem Boden.
Der Deutsche ist vorzugsweise geschickt
zur Colonisation, und wo er sich ange-
siedelt, da verwandelten sich öde Gegen-
den in blühende Gefilde.
Es ist überhaupt eine glückliche An-
lage des Deutschen, sich leicht in fremde
Art einzuleben, fremdes Wesen zu be-
greifen und sich anzueignen. Das deutsche
Volk scheint berufen, der Vermittler aller
Völker auf geistigem Gebiete zu sein;
denn mit der Fähigkeit, Fremdes mit
Einheimischem zu verschmelzen, steht auch
die in Verbindung, geistig anregend und
mittheilend auf andere Völker zu wirken.
Aber diese Eigenthümlichkeit des Na-
turells hat auch ihre Schattenseite.
Nur zu leicht unterschätzt der Deutsche
das Einheimische, welches „nicht weit
her" ist, und das Sprichwort „der
Prophet gilt nichts in seinem Vater-
lande" findet nirgends so vielfach Be-
stätigung, als gerade in Deutschland.
Dagegen gefällt sich der Deutsche häufig
in blinder Verehrung und thörichter
Nachäffung des Fremdländischen, und
in der Fremde gibt er nur zu leicht
sein heimatliches Wesen auf und ver-
gißt schnell sein ehemaliges Vaterland.
Auch vermißt man am Deutschen jenes
stark ausgeprägte Nationalgefühl, welches
z. B. den Franzosen und Engländer
beseelt. Nirgends sonst auch sind deß-
halb die Glieder eines Volkes so oft
gegen einander in Waffen gestanden,
als in Deutschland.
Wenn uns die lebendigeren Franzo-
sen und Italiener auch Langsamkeit und
Unbehülflichkeit zum Vorwurfe machen,
so brauchen wir uns deßhalb nicht be-
leidigt zu fühlen, denn diese Langsam-
keit ist meist nur Folge einer lobens-
I werthen Gründlichkeit und Bedächtigkeit,
welche erst überlegt, und dann handelt.
Im Fleiße können sich weder Franzosen
noch Italiener mit dem Deutschen messen.
Scherzweise pflegen uns auch unsere Nach-
barn das „Volk der Denker — und Träu-
mer" zu nennen, welches über den: Sin-
nen und Grübeln das praktische Thun
versäume. Auch damit ist es nicht so
schlimm bestellt. Das Volk der Denker
kann sich das deutsche rnit Recht und
in allem Ernste nennen; denn die Wissen-
schaften haben bei uns eine Pflege ge-
funden, wie kaum in einem anderen
Lande; und namentlich darin steht Deutsch-
land einzig da, daß geistige Bildung
nicht bloß ein Vorrecht einzelner Stände,
sondern ein Gemeingut des ganzen Volkes
ist. Selbst das stolze, freie England
steht hierin weit gegen Deutschland zu-
rück. Deutschland zählt allein gegen
62000 organisirte Volksschulen! Und
das „Träumen", insoferne damit unser
Versenken in die Tiefe der Kunst, be-
sonders in Musik und Dichtkunst, gemeint
ist, wollen wir uns auch gerne vorhal-
ten lassen. Gerade in Musik und Dicht-
kunst hat der deutsche Geist seine köst-
lichsten Blüthen getrieben. Mit Stolz
darf das deutsche Volk auf die edlen
Werke seiner großen Dichter, mit Stolz
auf die Meisterschöpfungen seiner Ton-
künstler blicken. Wie geistige Bildung,
so wurzeln auch Musik und Dichtkunst
tief im Volke selbst und veredeln und
verschönern dessen Dasein. Ueberall in
Deutschland, — die nördlichen Küsten-
striche ausgenommen —, namentlich aber
im gebirgigen Süden, lebt die Sanges-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Franzo- England Deutschland Deutschland Deutschland
106
n. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
lust und Sangeskunst in Stadt und
Land! Daß aber des Deutschen eigenstes
Wesen im innersten Kerne gut ist, das
erkennen wir vorzüglich aus dem tiefen
Gefühl für das Heilige, für Recht
und Sitte, wie es im Großen und
Ganzen unserm Volke inne wohnt. Kein
Volk hat das Christenthum so tief in
sich Wurzel schlagen lassen, keines ist
in dem Grade dessen Träger geworden, als
das deutsche. Dem Deutschen ist Reli-
gion kein leeres Wort, er begnügt sich
nicht mit äußeren Formen; ihm wohnen
Christusglaube und Christusliebe leben-
dig im Herzen.
Wohl ist das deutsche Volk oft nur
ein Spielball gewesen in den Händen
seiner gewandtem, thatkräftigern, freilich
auch weniger ehrenhaften Nachbarn; es
hat bei dem Kampfe um große Welt-
fragen oft nur als leidender Zuschauer
Theil genommen, ja es hat sich edle
Glieder an seinem eigenen Leibe abreißen
3) Die dcu
Eines Volkes Geist und eigenstes
Wesen spiegelt sich am treuesten in seiner
Sprache ab. Darum achtet auch jedes
Volk seine Muttersprache hoch und hält
sie in Ehren. Dem deutschen Volke muß
seine Sprache doppelt ehrwürdig und
theuer sein; denn ihr verdankt es seinen
Gesammtnamen, und sie ist zur Zeit fast
noch das einzige Band, welches die getrenn-
ten Glieder der einen Nation umschlingt.
Unter allen lebenden Sprachen ist
die deutsche eine der ältesten, reinsten
und ausgebildetsten; sie ist reich an Wohl-
laut und vereinigt Kraft und Anmuth.
Die deutsche Sprache ist ein Zweig
des germanischen Sprachastes, welcher
außer ihr noch andere, theils schon ab-
gestorbene, theils noch lebende Zweige
getrieben hat; von den ersteren seien ge-
nannt die gothische und angelsächsische
Sprache, von welch' beiden uns schriftliche
Denkmäler überliefert wurden; von den
letzteren die nordischen Sprachen: das
Dänische, Schwedische, Norwegische, Is-
ländische. Der germanische Sprachast aber
ist dem indogermanischen Sprachstamm
entsproßt und hat zu Geschwistern in
Europa den keltischen, griechisch-romani-
lassen. In stille Geistesarbeit versenkt,
im innerlichen Ringen nach Lösung der
höchsten Fragen menschlicher Erkenntnisse
hat es, dem Handeln scheinbar entfrem-
det, den Druck des Auslandes ertragen.
Nie aber hat es sich dauernd in Fesseln
schlagen lassen; wie ein aus dem Schlafe
erwachter Riese hat es dieselben mit
kräftiger Hand stets wieder zerbrochen.
Das Unglück hat die Deutschen immer
wieder zum Bewußtsein ihrer Kraft und
zu erfolgreichem Handeln aufgerüttelt.
Aber, wie gering auch die Macht war,
welche Deutschland in den jüngsten
Jahrhunderten nach Außen besaß, es
hat durch sein allseitiges geistiges Streben,
durch sein inneres Kämpfen und Ringen
das wahre Wohl der Menschheit mehr
gefördert als andere Nationen, welche,
weil sie zu Macht und Reichthum gelangt,
mit stolzer Verachtung glauben auf das
Volk „der Denker und Träumer" herab-
sehen zu dürfen.
schc Sprache.
schen und slavischen Sprachast. Ihre ge-
meinsame Wurzel haben diese Sprachen
im Sanskrit, einer asiatischen, altindischen
Sprache. Wie groß auch in Deutschland
der Unterschied der Mundarten sein mag,
namentlich der Unterschied zwischen Ober-
und Niederdeutsch: die Einheit der Ab-
stammung läßt sich doch nirgends ver-
kennen. Insbesondere ist das Hochdeutsch
allenthalben die Schrift-, Schul-, Kirchen-
und Gerichtssprache und dadurch Gemein-
gut nicht bloß der Gebildeten, sondern.
Dank unserer zahlreichen Volkschulen, auch
des gesammten Volkes geworden.
Die deutsche Sprachgrenze fällt mit der
gegenwärtigen politischen Grenze Deutsch-
lands durchaus nicht zusammen; auch hält
sie sich keineswegs ganz an die natürlichen
Grenzen; sondern bald überschreitet sie diese,
bald bleibt sie hinter denselben zurück.
Im Westen zieht die Sprachgrenze
südlich von Brüssel durch Belgien, wo
sich Deutsch-Flämisch und Französisch-
Wallonisch gegenüber stehen, wendet sich
nach Ueberschreitung der Maas, südlich
von Aachen, der westlichen Grenze Rhein-
preußens und holländisch Luxemburgs
entlang, gegen Süden bis in die Nähe
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Ortsnamen: Länder- Europa Deutschland Deutschland Niederdeutsch Belgien Aachen Rhein- Luxemburgs
108
Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
9. Jahrhundert — behaupten sich noch
mehrere Mundarten gleich berechtigt neben
einander, und es sind die fränkische, ale-
mannische oder schwäbische und bayerische
die vornehmsten. Das Mittelhochdeutsche,
dessen Periode von der Mitte des 12. Jahr-
hunderts anhebt, ist vom Althochdeutschen
schon sehr verschieden. In diesem Zeit-
raum war es namentlich die schwäbische
Mundart, welche durch die Dichter (Minne-
sänger) eine höhere Ausbildung erhielt.
Indessen hat weder die schwäbische noch
die oberdeutsche Mundart überhaupt zu
dieser Zeit ausschließliche Geltung als
Schriftsprache in Deutschland besessen, und
in Niederdeutschland namentlich war auch
die niederdeutsche Mundart Schriftsprache.
Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts
begann ein oberdeutscher Dialekt, der ober-
sächsische, sich zur gemeinsamen Sprache
der Gebildeten Deutschlands zu erheben.
Wenn eine Mundart zu solch' allgemeiner
Anerkennung gelangen sollte, so mußte
sie die schroffen Gegensätze zwischen
Ober- und Niederdeutsch vermitteln, und
das war bei der obersächsischen oder
Meißner der Fall; sie stand, wenn gleich
ihreln Wesen nach oberdeutsch, doch dem
Niederdeutschen nicht gar zu ferne und
die nach Norden offene Lage Sachsens
mußte einer Verbreitung der einheinüschen
Mundart nach Niederdeutschland sehr zu
statten kommen. Hierzu traten noch zwei
begünstigende Umstände: Gegen Anfang
des 16. Jahrhunderts hatte sich in den
sächsischen Ländern eine bessere Art ge-
schäftlicher Prosa (der sächsische Kanzlei-
stil) gebildet, welcher anderwärts um so
leichter Anerkennikng und Nachahmung
fand, als der sächsische Hof damals in
hohem Ansehen stand. Endlich verfaßte
Luther seine bald allgemein verbreitete
Bibelübersetzung in dieser Mundart, was
für ihre Herrschaft entscheidend wurde.
Indessen ist das schriftgemäße Hochdeutsch
keineswegs gleich der obersüchsischen Mund-
art, nicht einmal in der Zeit seiner
frühesten Entwicklung, noch weniger in
seiner gegenwärtigen Gestalt. Es hat
sich dem Einflüsse anderer Dialekte in
gewissem Maße hingegeben und dadurch
an Reichthum und Ausbildung nur ge-
wonnen. Vom 16. Jahrhundert bis auf
den heutigen Tag hat unsere Sprache
wohl noch manchfache Veränderungen
erfahren, ohne daß aber zwischen dem
heutigen Hochdeutsch und dem, welches
Luther schrieb, eine tiefe Kluft läge.
Der unselige Einfluß des dreißigjäh-
rigen Krieges machte sich auch auf die
deutsche Sprache geltend. Besonders nach-
theilig wirkte die Sucht, fremde, zunächst
lateinische und dann französische Wörter
der deutschen Sprache beizumengen. Der
Mißbrauch nahm eine solche Ausdehnung
an, daß in dem zierlichsten Deutsch jener
Zeit fast jedes dritte Wort ein fremdes ist.
Seit dem neuen Aufschwung unserer Dicht-
kunst und, als damit zusammenhängend, der
Veredlung und Läuterung unserer Spra-
che, trat dieser Uebelstand zwar etwas zu-
rück; aber immerhin lassen die meisten unse-
rer Schriftsteller in Bezug auf Reinheit der
Sprache noch manches zu wünschen übrig.
Pflicht ist es für jeden Deutschen,
seine schöne Muttersprache immer besser
und gründlicher kennen zu lernen, immer
tiefer in den Geist derselben einzudringen
und sich möglichste Sicherheit und Ge-
wandtheit in deren schriftlichem und münd-
lichem Gebrauche anzueignen.
„Du Deutscher, weß Standes und
Geschlechts, weß Alters und Berufs du
auch seiest, trage das Deine oazu bei,
daß die Reinheit und Keuschheit und
Kraftfülle deiner Muttersprache gewahrt
bleibe! denn das gesprochene Wort ist
der Leib des Gedankens, und gleichwie
eine gesunde Seele nur in einem gesun-
den Körper wohnen kann, also gelangt auch
nur in einer gesunden, unverfälschten, un-
verstümmelten Volkssprache ein gesunder,
tüchtiger und starker Volksgeist zur Reife."
Was Friedrich Rückert, der wie keiner
sonst ein Meister der deutschen Sprache
war, schon vor 1866 vorausahnend ge-
sungen, das muß in der Gegenwart, wo
wir den Riß durch die deutsche Nation
so tief klaffen sehen, nur um so lauter als
ernste Mahnung an unser Herz schlagen:
„Was habt ihr denn noch Großes, Allge-
meines ?
Welch' Band, das euch als Volk umschließet?
— Seit ihr den Kaiserscepter brechen ließet,
Und euer Reich zerspalten, — habt ihr keines!
Nur noch ein einz'ges Band ist euch geblieben,
Das ist die Sprache, die ihr sonst verachtet;
Jetzt müßt ihr sie als euer Einz'ges
lieben."
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Rückert Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Länder- Deutschland Niederdeutschland Deutschlands Sachsens Niederdeutschland
H
72. Asien.
Asien ist nicht nur der größte aller
Erdtheile, sondern es steht auch mit allen
übrigen in näherer Berührung, als
irgend ein anderer. Mit Europa und
Afrika hängt es unmittelbar zusammen,
mit ersterem auf der großen Strecke
vom arktischen bis zum schwarzen Meere,
mit letzterem durch die Landenge von
Suez; von Amerika ist es bloß durch
die 8 Meilen breite Behringsstraße ge-
trennt, und überdies bilden die Aleuten
ebenso eine Ueberbrückung von Kamt-
schatka nach der Halbinsel Alaschka, wie
die indische Jnselflur von Hinterindien
nach dem Festland von Australien.
Aber nicht nur durch seine Lage in
Mitte der andern Erdtheile, sondern auch
durch seine innere Beschaffenheit war
Asien vor allen geeignet, die Wiege
des Menschengeschlechtes zu wer-
den. Es vereinigt in sich die Eigen-
thümlichkeiten aller Zonen und Cultur-
verhältnisse, und es konnten hier die
wandernden Bewohner vorbereitet wer-
den für die verschiedenen Landesnaturen
der benachbarten Erdtheile, wohin von
der Mitte, dem kolossalen Hochlande
aus, zahlreiche Stromsysteme, nach den
verschiedenen Richtungen ausgehend, die
Bahn öffneten. Uebereinstimmend mit
den Berichten der Bibel weisen auch die
ältesten Sagen der asiatischen Völker
nach dem Inneren von Asien als Heimat
des Menschengeschlechtes hin, und zwar
wird die Gegend um den Hindu-Khu
als dessen Wiege bezeichnet. Diese An-
nahme erhält durch den Umstand eine
mächtige Stütze, daß das dort heimische
Sanskrit die gemeinsame Wurzel fast
aller europäischen Hauptsprachen bildet.
Asien ist also auch für die Geschichte
des Menschengeschlechtes das Land des
Orients, des Aufganges. Es ist der
Ursitz aller Gesittung, der Ausgangs-
punkt der gesammten Weltgeschichte.
Von Asien aus sind die Völker vorge-
drungen über Nordafrika nach Europa
und haben die Bildung nach Westen ge-
tragen bis hinüber nach Amerika; wie
die Kultur des letzteren eine Tochter ist
der europäischen, so diese eine Tochter
der asiatischen. Ehe man noch wußte,
daß ein Festland Europa als Anhängsel
des großen asiatischen Continents vor-
handen sei, ja vielleicht ehe noch ein
Hirte oder Jäger über die Wolga oder
den Ural vorgedrungen war,, blühten
im Orient schon Reiche, herrschten Könige
in Palästen und Städten über Millionen
von Unterthanen, forschten schon Weise
in den Geheimnissen der Sterne, ließen
schon Priester zu Ehren der Götter ober-
und unterirdische Tempel bauen, kämpf-
ten schon Völker mit Völkern auf Leben
und Tod. Aber diese frühe und glän-
zende Bildung ist auf einem Punkte
stehen geblieben; das Völkerleben in den
Reichen des Ostens hat sich verknöchert,
die Asiaten sind trotz ihres hohen Alters
heute noch unmündige Glieder der Mensch-
heit. Wohl ist der schönste, kraftvollste
und begabteste Menschenstamm, der kau-
kasische, in Asien zu Hause; aber erst
in Europa ist er zur vollen Entwicklung
gelangt. Auch das Christenthum, welches
neues Leben in die versunkene Mensch-
heit brachte, ist asiatischem Boden ent-
sprossen: aber die edle Pflanze mußte
erst nach Europa getragen werden, um
hier zum großen, blüthe- und früchte-
reichen Baume empor zu wachsen.
Der Bildungsstrom, der jetzt von
Europa aus nach allen Gegenden sich
ergießt, wendet sich auch nach Osten,
nach seinem Quelllande, wieder zurück,
und es scheinen insbesondere zwei euro-
TM Hauptwörter (50): [T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen]]
Extrahierte Ortsnamen: Asien Europa Afrika Suez Amerika Alaschka Hinterindien Australien Asien Nordafrika Europa Amerika Europa Asien Europa Europa Europa